Turkmenistan

28.09. - 02.10.2012, 465 km per Rad, 60 km per Kiesschlepper

 

 

Was hatten wir uns da nur vorgenommen. Über 500 km auf der Seidenstraße durch die Wüste in nur 5 Tagen. Nach dem üblichen Grenzübertrittsprozedere von 1,5 Stunden mit Taschen scannen und Zollerklärung ausfüllen waren wir nun endlich angekommen in Turkmenistan und bereit, die Herausforderung anzunehmen. Ich war, trotz Sonjas Einwänden, fest davon überzeugt, dass wir alles hier in Dollar bezahlen können, was sich später noch als Fehler erweisen sollte, weshalb wir ohne Geld zu wechseln losgefahren sind. Aber wohin? Wir wussten, dass es eine schlechtere Piste gibt, die kürzer ist oder eine 60 km längere Variante mit besserem Asphalt. Nach mehrmaligem Nachfragen bei der Polizei, bei Einheimischen und Truckern entschieden wir uns schließlich für die längere aber vom Straßenbelag her bessere Variante. Später erfuhren wir von 2 anderen Radlern, dass dies die richtige Entscheidung gewesen war, da die beiden die schlechte Piste gefahren sind und nur darüber geschimpft haben.

Ein großes Highlight gleich am ersten Tag war unser erstes Kamel am Straßenrand und außerdem wurden wir gleich mit Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft übergossen: Ein Trucker hat uns Cola und Wasser, ein anderer Süßigkeiten und eine jubelnde Familie hat uns aus dem fahrenden Auto heraus 2 Brote und einen Apfel geschenkt.  Die Straßenverhältnisse waren zwar die schlechtesten, die wir bisher auf unserer Reise gesehen hatten, aber auch nicht extrem schlimm und wir kamen gut voran. Die Temperaturen tagsüber waren sehr angenehm Ende September: mittags maximal 30 bis 35°C (im Sommer dagegen 50°C), nach Sonnenuntergang um 18 Uhr wurde es recht schnell echt kühl (9°C), aber kein Problem für unsere Daunenschlafsäcke, und der berüchtigte Gegenwind hat nur ab und an mal leicht geblasen. Bis Mary, also bevor die Karakum-Wüste losgeht, geht es auch noch einigermaßen mit Wasser- und Lebensmittelversorgung, aber Duschen viel komplett flach, um Wasser zu sparen. Wir haben außerdem von Anfang an versucht, möglichst weite Tagesetappen von 100 bis 150 km zu schaffen, um dann nach hinten raus noch Luft zu haben, was aber bedeutet hat, dass wir abends im Dunkeln durch die Schlaglöcher navigieren mussten.

Schnell hat sich herausgestellt, dass man in den kleinen Kafes und Lebensmittelläden am Straßenrand zwar mit Dollar zahlen kann, aber die Händler dann absolute Wucherpreise verlangen und nicht auf große Scheine rausgeben können. Bald waren unsere wenigen kleinen Dollarscheine aufgebraucht und nirgends eine Möglichkeit zu wechseln, außer in Mary, wo wir aber erst spät abends ankamen und gleich wieder weiter fuhren. Beim Versuch, einen LKW-Fahrer zu finden, der uns durch die Wüste mitnehmen würde, hatten wir dann das Glück, dass uns ein iranischer Fahrer unser restliches iranisches Geld im Wert von nur wenigen Dollar in Manat (turkmenische Währung) gewechselt hat. Eine Mitfahrgelegenheit ist allerdings nur schwer zu finden, da die LKW alle zugesperrt und verplombt sind, um dem Drogenschmuggel entgegenzuwirken. Schließlich konnten wir einen Kiesschlepper davon überzeugen, uns mitzunehmen. Dieser fuhr allerdings nur 60 km zu einem kleinen Dorf in der Wüste, wo wir dann schon wieder aussteigen mussten. Bei einer kurzen Mittagspause wollten wir uns hier stärken für die Weiterfahrt tiefer in die Wüste, als wir von den Einheimischen zu Tee und Süßigkeiten eingeladen wurden. Bei der Frage nach Wasser haben sie uns Wasser aus ihrem Brunnen aus dem staubtrockenen Wüstenboden gezapft, das sogar richtig gut geschmeckt hat. Zwischen Mary und Turkmenabat geht es 200 km durch karge, staubige, sandige, trockene, langweilige und einsame Wüste. In Mary sind die Straßen sehr gut, aber schon bald nimmt deren Qualität drastisch ab. Man fährt den ganzen Tag Schlangenlinien um die Schlaglöcher und tiefen Spurrillen im Asphalt, immer leicht bergauf und bergab (1 – 3 %) und sieht weit und breit nur Sandhügel mit stachligem Gestrüpp, einzige Abwechslung mal ein lebendiges oder auch totes Kamel am Straßenrand. Die fade Einöde hat uns psychisch echt ganz schön zu schaffen gemacht und man glaubt, das zieht sich endlos so dahin und man kommt einfach nicht vom Fleck. Nachts bei Vollmond in der menschenleeren  und einsamen Wüste zu zelten, war ebenfalls eine ganz neue Erfahrung, ganz besonders, wenn man in der Ferne Wölfe heulen hört. Wildnis und Abenteuer pur!

Am Abend unseres 4. Tages in Turkmenistan hatten wir es endlich aus der Wüste raus geschafft und sind in Turkmenabat angekommen, das nur noch 30 km von der Grenze entfernt liegt. Über eine kostenpflichtige Militärbrücke haben wir uns ohne zu bezahlen im Dunkeln drübergemogelt, indem wir freundlich winkend die dummen Touristen gespielt haben und so getan haben, als würden wir nix verstehen ;) Unsere letzte Nacht durften wir dann bei einem Turkmenen vor dem Haus verbringen. Zum Aufwärmen hat er uns Tee und turkmenischen Wodka angeboten, der geschmeckt hat wie Lösungsmittel ;) Sonja war so mutig und hat ihn probiert. Seine Schafwurst zum Brot haben wir aber dankend abgelehnt und als wir erklären wollten, dass wir Vegetarier sind und deshalb kein Fleisch essen, meinte er, wir seien Moslems, und hat uns mit seinen Goldzähnen angegrinst;) Was uns wohl in Usbekistan erwartet?

 

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