14.01. - 05.02.2013

Madurai & Sivananda Yoga Vedanta Meenakshi Ashram

Achtung, freilaufende Yogis, Affen und Eichhörnchen!

 

Gemeinsam mit der Schwedin Heidi haben wir schließlich die Teeplantagen wieder verlassen, um uns gemeinsam per Taxi und Bus nach Madurai zu begeben, wo wir mindestens 2 Wochen im Sivananda Yoga-Ashram (= klosterähnliches Yogazentrum) verbringen wollten. In Madurai angekommen haben wir zunächst den berühmten und sehr beeindruckenden Meenakshi Tempel besucht, bevor wir uns dann vom Trubel, den Menschenmassen und dem Stadtleben verabschiedet haben.

Der Sivananda Ashram befindet sich ein gutes Stück außerhalb der Stadt und ist für indische Verhältnisse sehr ruhig gelegen. Wohnen sollten wir fortan in geschlechtlich getrennten Schlafsälen mit jeweils 30 – 50 anderen Frauen bzw. Männern zusammen unter einem Bambusdach mit Gemeinschaftsbad. Das Reich eines jeden bestand fortan aus einem bescheidenen Bett mit Moskitonetz. Gäste und Lehrer bilden eine bunt gemischte Truppe, jung wie auch alt, aus Indien und dem Rest der Welt.

Jeder Tag folgt einem strikten Zeitplan:

Um 5:30 schellt eine schrille Glocke zum Wecken. Um 6:00 versammeln sich alle im Schneidersitz auf dem Boden sitzend zum Satsang, dem gemeinsamen Meditieren und Singen von Mantren. Um 7:30 ist eine kurze Teepause, ausnahmsweise mit indischem Chai, der etwas Koffein enthält, obwohl ansonsten der Genuss von Koffein im Ashram verboten ist, wie übrigens auch der Genuss von Alkohol und Nicotin.

Weiter geht’s im Programm um 8:00 mit dem Unterricht der Asanas, den Yoga-Körperübungen, und mit Atemübungen, bevor es dann um 10:00 beim Brunch endlich zum ersten mal am Tag Essen gibt. Man sitzt wie immer im Schneidersitz auf dem Boden, gegessen wird mit der rechten, reinen Hand, wahlweise mit oder ohne Löffel. Es gibt vegetarisches Essen mit dem Hauptbestandteil Reis, ohne Ei, manchmal mit etwas Milch, ohne Knoblauch, ohne Zwiebeln und nicht scharf, eine sehr gute Abwechslung zum sonst äußerst scharfen Essen in Indien. Zum Trinken gibt’s Kräutertee oder gefiltertes Wasser. Das klingt jetzt vielleicht für den ein oder anderen recht fad, aber das Essen dort war echt total lecker, immer frisch, abwechslungsreich und reichlich. Wir vermissen es sehr.

Nach dem Essen ist fast keine Zeit für einen Mittagsschlaf, sondern um 11:00 bekommt jeder beim Karma-Yoga (selbstloser Dienst für die Allgemeinheit) eine Aufgabe für ca. 1 Stunde zugeteilt, wie z.B. Bad oder Schlafsaal putzen, Laub rechen, Moskitonetze flicken oder Spinnennetze entfernen. Um 13:30 gibt es wieder frischen Chai, bevor es um 14:00 zur 1,5-stündigen Lecture (Unterricht in Philosophie des Yoga) unterm Mangobaum geht. Anschließend sind um 16:00 wieder die Asanas an der Reihe, gefolgt vom Abendessen um 18:00. Der Tag endet schließlich wie er begonnen hat mit einem Satsang um 20:00, bevor um 22:00 die Nachtruhe beginnt und man todmüde ins Bett fällt.

Das klingt jetzt alles ganz und gar nicht nach Urlaub, sondern ziemlich anstrengend und strikt, und das ist es auch. Und ja, ihr habt richtig gezählt, täglich werden 3 – 4 Stunden die Asanas (Körperübungen) geübt, und es gibt nur 2mal täglich etwas zu essen. Das ganze Programm findet außerdem an 6 Tagen in der Woche statt, und am freien Tag sollte man zumindest morgens und abends zum Satsang erscheinen. Die erste Woche tut einem alles weh und man steht jeden Morgen unausgeschlafen mit Muskelkater am ganzen Körper auf und schläft abends um 9:00 schon im Sitzen ein.

Mich, Sonja, einem ausgesprochenen Langschläfer, hat das Ganze, besonders das morgendliche und abendliche Singen, ziemlich aufgeregt und gestresst und ich wär nach 3 Tagen am liebsten schon wieder abgehauen, aber die Asanas haben mir sehr viel Spaß gemacht und auch das gute Essen hat mich überzeugt. Olli hatte ebenfalls Schwierigkeiten, sich anzupassen, und die indische Mentalität hat ihn anfangs sehr aggressiv gemacht und es hatte sich die letzten Wochen schon sehr viel Frust angestaut, dass er eigentlich am liebsten gleich heim wollte. Ich hatte ihn aber überredet, eine Weile im Ashram zu verbringen und hatte dann große Zweifel, ob das wohl die richtige Entscheidung war…

Ab der zweiten Woche war aber dann plötzlich alles ganz anders. Der permanente Muskelkater war weg, der Körper hat sich an die Übungen und den Tagesrhythmus gewöhnt, wir konnten richtig fühlen, wie wir von Tag zu Tag fitter wurden und wie unser Körper beim Yoga Endorphine ausgeschüttet hat. Wir haben uns außerdem mit den anderen  internationalen Gästen und Lehrern angefreundet und unzählige richtig nette Leute kennengelernt, von denen wir uns gar nicht mehr trennen wollten. Wir haben schließlich noch um eine dritte Woche verlängert.

Das frühe Aufstehen viel mir zwar weiterhin nicht leicht, aber mehrmals wöchentlich wurde um 6:00 ein meditativer Spaziergang durchgeführt, und wenn man dann vom Gipfel eines Berges den Sonnenaufgang bewundern kann, gibt das Energie für den ganzen Tag.

Ein ganz besonderes Erlebnis waren außerdem jeden Tag die wilden Affen, die im ganzen Ashram regelmäßig für Aufruhr gesorgt haben, unsere Schlafsäle verwüstet haben und unsere Sachen und den Müll nach Essbarem durchwühlt haben. Besonders den süßen jungen Äffchen konnte man aber nicht lange böse sein. Und stellt euch jetzt mal vor, ihr liegt ganz ruhig in der Schlussentspannung, seid ganz auf euch konzentriert und denkt an nix schlimmes, als es plötzlich über euch raschelt und ihr plötzlich wie aus dem Nichts einen Schlag auf eure Brust verspürt. Ihr reißt abrupt eure Augen auf und seht ein Eichhörnchen, das auf euch gelandet ist, im Zickzack zwischen den Yogamatten flüchten. Genau so ist das mir passiert.

Ein besonderes Highlight war außerdem die Talentshow jeden Samstagabend, wo jeder, der wollte, etwas darbieten konnte, z.B. ein Gedicht oder Lied vortragen, Schauspielern oder auch Witze erzählen etc. Wir haben bei der Gelegenheit den Indern mal gezeigt, wie man Salsa und Disco-Fox tanzt, was ziemlich gut angekommen ist, so dass wir in den Folgetagen Salsaunterricht geben mussten. Außerdem wurden diverse Pujas, hinduistische Rituale, zelebriert, an denen alle teilnehmen durften.

Nach 3 Wochen fiel uns der Abschied vom Ashram-Leben und den vielen tollen Leuten dort ganz besonders schwer und wir hatten Tränen in den Augen. Wir kommen auf jeden Fall wieder!

Den sympathischen jungen Yogalehrer in folgendem Video haben wir im Ashram kennengelernt:

 

 

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