17.12.2012 – 13.01.2013 Kannur, Gokarna & Ooty

Zwischen Strand und Teeplantagen

 

Kannur:

Sonja:

Nach den faszinierenden aber staubigen und brütend heißen Ruinen von Hampi hat es uns wieder an die Küste gezogen und zwar zurück an den ruhigen Privatstrand bei Kannur, Kerala. Die Hausherrin hat uns wieder mit ihren leckeren selbstgekochten Spezialitäten verwöhnt, und wir haben zusammen mit einer Hand voll anderen Reisenden aus aller Welt die angenehme Brise und das herrlich warme Wasser genossen. Nachrichten vom Schnee daheim in Deutschland und dem immer näher rückenden Weihnachten kamen uns ganz unwirklich und ganz weit weg vor.

Für 5 Tage lang habe ich mich jeden Vormittag auf den Weg gemacht in eine nahe gelegene ayurvedische Praxis, um meine 2 tauben Finger behandeln zu lassen, in denen ich schon seit über 2 Monaten, seit der überaus anstrengenden Fahrt durch die Karakumwüste in Turkmenistan, kein Gefühl mehr hatte. Die von der Ärztin verordnete Behandlung bestand darin, dass ich mehrmals täglich recht ekelhaft schmeckende pflanzliche Medizin schlucken musste, außerdem habe ich, um meine überbeanspruchten Nerven zu beruhigen, täglich eine kalte, schlammige Kräuterpackung auf den Kopf bekommen und wurde jeden Tag zur Heilungsförderung und Entspannung eine Stunde lang am ganzen Körper mit heißen Ölen übergossen und massiert. Mir wurde zugesichert, dass sich nach einer mehrwöchigen Ruhephase die Heilung einstellen würde und so war es schließlich dann auch zu meiner Freude.

Natürlich waren wir außerdem jeden Tag im Meer, aber die Wellen wurden von Tag zu Tag höher und stärker. Trotz Warnungen der anderen habe ich beim Baden immer meine Brille aufbehalten, um zu sehen, wo ich hin trete, da leider immer wieder Glasscherben im Sand lagen. Eines Tages war ich gerade mal bis zu den Knien im Wasser, als mich plötzlich wie aus dem Nichts eine riesige Welle von hinten überrollt hat. Ich wurde mit aller Wucht auf den Grund gedrückt, und als ich wieder aufgetaucht bin, hab ich sofort gemerkt, dass meine Brille weg war. Trotz stundenlangem Suchen blieb sie verschwunden, und ich war sehr niedergeschlagen, da ich ohne Sehhilfe fast blind bin wie ein Maulwurf. Für ein Zehntel des deutschen Preises habe ich dann aber ein paar Tage später eine nagelneue indische Brille bekommen.

Einen Tag vor Weihnachten haben wir zusammen mit den anderen Urlaubern Ollis 35. Geburtstag gefeiert, und die Hausherrin Seema hat Olli eine große, leckere, zu 80 % aus Zucker bestehende Ananastorte gezaubert. Außerdem haben wir zusammen mit den anderen Gästen sämtliche Biervorräte des Hauses vernichtet. Sehr amüsiert haben uns dann am nächsten Tag die Bestrebungen unserer Hindu-Gastgeber, für ihre westlichen Gäste eine christliche Weihnachtskrippe im Keralastil zu basteln, und wir haben unsere deutschen Weihnachtsplätzchen ausgepackt, die uns unsere Freundin Jenny aus Deutschland geschickt hatte (vielen Dank noch einmal dafür). Zur Weihnachtsfeier konnten wir allerdings leider nicht mehr bleiben, da wir schon ein Zugticket gebucht hatten, um pünktlich zu unserer Sylvesterverabredung zu kommen.

Liebe Grüße an dieser Stelle an Seema und ihre Familie und an die anderen Gäste aus Deutschland, Schweiz, Schweden etc. :)

 

Gokarna:

Sonja:

Für Sylvester hatten wir uns mit Rita und Swarnab, unseren Couchsurfing Gastgebern aus Bangalore, in Gokarna  (Goa in klein, ein Stück weiter südlich) verabredet, um dort gemeinsam zu feiern und die diversen Badestrände zu erkunden. Fast alles war ausgebucht, und wir haben gerade noch sehr sporadische Zimmer in einer Strandhütte ergattert, dafür waren wir dann aber direkt am Strand. Viele andere Touristen, ausländische wie auch einheimische, hatten allerdings die gleiche Idee und Olli und mir war eindeutig zu viel Trubel nach unserem ruhigen Privatstrand. Wir haben uns aber riesig gefreut, Rita und Swarnab wieder zu sehen.

Besonders nervig waren die Horden von indischen Jugendlichen: viele der jungen Männer waren mit Alkohol am Strand unterwegs und haben die, für ihre Verhältnisse, spärlich bekleideten Touristinnen (Inderinnen gehen nur vollständig bekleidet ins Wasser) begafft und belästigt. Gut, dass wir unsere Männer dabei hatten, außerdem hat Rita mit ihrem russischen Temperament lauthals alle Gaffer vertrieben. Viele Inder können nicht schwimmen, und die betrunkenen Jugendlichen sind bei einem Wellengang, der uns Schwimmern schon fast zu hoch war, grundsätzlich zu weit raus gegangen, was dann leider tagtäglich natürlich zu mindestens einem Todesfall geführt hat.

Sehr amüsiert haben wir uns über die Kühe, die überall am Strand unterwegs waren, für uns ein sehr ungewohnter Anblick. Uns wurde erklärt, dass die Bauern nur weibliche Kühe für die Milchproduktion brauchen können und die Bullen einfach aussetzen. Außerdem hätten wir am liebsten einen der süßen jungen Straßenhunde mit heim genommen.

Den Sylvesterabend konnten Olli und ich dann leider nicht genießen, da Olli mit einem leichten Hitzschlag im Bett lag. Am Neujahrstag mussten wir uns schließlich leider von Rita und Swarnab verabschieden, die wieder heimgefahren sind. Den Neujahrsabend und die ganze Nacht hab ich dann  mit Erbrechen und Durchfall auf der Toilette verbracht, da ich wohl was Schlechtes gegessen hatte. Fängt ja schon gut an das neue Jahr.

 

Ooty:

Sonja:

So, jetzt reicht’s uns aber erst mal von Meer und Strand und schwüler Hitze! In Indien gibt’s auch Berge und zwar nicht nur im Norden den Himalaya, nein, auch im Süden gibt’s Berge mit über 2000 m Höhe! Um nicht stundenlang mit einem schlecht gefederten Bus die endlosen Serpentinen hoch zu gondeln, haben wir uns am Fuß der Nilgiriberge ein Taxi gegönnt, das uns auf ca. 2200 m  in den britischen Ferienort Udagamandalam, kurz Ooty genannt, bringen sollte. Leider hat auf halber Strecke der Motor überhitzt und wir mussten auf einen Ersatzwagen warten. Kein Problem, sowas sind wir ja schon gewöhnt.

Mit jedem gewonnenen Höhenmeter hat man so richtig gemerkt, wie Hitze und Schwüle nachlassen, und oben angekommen, hatte es dann angenehme 25 °C. Für uns ein Traum, für die Inder das Signal, Wollmützen und -jacken auszupacken. Nachts wurde es dann auch für uns etwas unangenehm, da dann die Temperaturen bis auf den Gefrierpunkt sinken und es keine Heizung gibt. Aber kein Problem, wenn man wie wir, warme Daunenschlafsäcke im Gepäck hat.

Zunächst haben wir die kleine Stadt erkundet mit künstlich angelegtem See und Botanischem Garten, wo wir zum ersten mal riesige Eukalyptusbäume bestaunen durften. Wir dachten außerdem, der sog. „Drahtgarten“ wäre einen Besuch wert, und wir haben mit Skulpturen aus Draht gerechnet, aber Fehlanzeige, erwartet haben uns mehrere 100 verschiedene Plastikblumen. Kitsch pur! Um uns von diesem Plastikschock zu erholen haben wir uns anschließend zu Fuß auf den Weg gemacht zum höchsten Gipfel Südindiens: dem Doddabetta mit gut 2600 m Höhe.

Begeistert von der Berglandschaft haben wir uns am nächsten Tag zusammen mit Kat aus London einen Guide genommen, der uns querfeldein durch kleine Dörfer und schier endlose Teeplantagen geführt hat. Ganz begeistert waren wir von den Wasserbüffeln, die gemächlich zwischen den Teebüschen grasen und so Unkraut jäten und düngen. Außerdem durften wir einen traditionellen Toda-Tempel bestaunen. Die Toda sind eine fast ausgestorbene kleine hinduistische Religionsgemeinschaft.

In einer Teefabrik haben wir uns schließlich erklären und zeigen lassen, wie der Tee verarbeitet und zubereitet wird und uns natürlich mit so viel Tee eingedeckt wie gerade noch in den Rucksack gepasst hat.

Ein besonders positives Erlebnis hatten wir am Abend vor unserer Abreise. Beim Packen konnten wir nirgends Olli’s kleinen Tablet PC finden. Nach langem Kopfzerbrechen ist uns dann eingefallen, dass wir das Gerät das letzte mal 2 Tage zuvor in einem Cafe benutzt haben. Mit wenig Hoffnung haben wir dort angerufen, und uns wurde mitgeteilt, dass sie unseren Computer gefunden und für uns aufbewahrt haben. Großen Dank und ein großes Lob an die ehrlichen Mitarbeiter von Coffee Day in Ooty! So etwas hätten wir in Indien ehrlich gesagt nicht erwartet.

 

 

<- zurück zum vorherigen Bericht   ---   weiter zum nächsten Bericht ->

7237 km Gästebuch